Jede deutsche Staatsbürgerin und jeder deutsche Staatsbürger ist in den meisten Fällen dazu verpflichtet, Einkommensteuer abzuführen. Was ist die Einkommensteuer aber genau? Wie wird diese berechnet, welche Fristen gibt es hierbei, wie hoch sind die Freibeträge und welche Einkünfte müssen versteuert werden?
Was ist die Einkommensteuer?
Wer in Deutschland Geld verdient, muss in der Regel Einkommensteuer (ESt) bezahlen. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen natürlichen und juristischen Personen. So zahlen natürliche Personen Einkommensteuer. Personengesellschaften sind allerdings kein Besteuerungssubjekt. In diesem Fall unterliegen ihre Gesellschafter der Einkommensteuer.
Bei Kapitalgesellschaften wird nicht die Einkommensteuer, sondern die Körperschaftssteuer fällig. Die Lohnsteuer ist eine Erhebungsform der Einkommensteuer, die bei einer nicht-selbständigen Arbeit fällig wird. Die Einkommensteuer ist immer für ein Kalenderjahr zu berechnen.
Welche Einkünfte müssen versteuert werden?
Das Einkommensteuergesetz (EStG) kennt sieben Einkunftsarten, für welche die Einkommensteuer in Frage kommt:
- Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
- Einkünfte aus einem Gewerbetrieb
- Einkünfte aus selbständiger Arbeit
- Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
- Einkünfte aus Kapitalvermögen
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
- Sonstige Einkünfte
Das zu versteuernde Einkommen (zvE) als Bemessungsgrundlage
Um die Höhe der Einkommensteuer zu berechnen, wird zuerst das zu versteuernde Einkommen ermittelt. Dieses ist die Bemessungsgrundlage für die zu bezahlende Einkommensteuer. Das zu versteuernde Einkommen (zvE) ist folgendermaßen zu berechnen:
1. Summe der Einkünfte
- Ermittlung der Einkünfte nach den Einkunftsarten
- Einnahmen abzüglich Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben
2. Gesamtbetrag der Einkünfte (GdE)
- Summe der Einkünfte abzüglich Altersentlastungsbetrag (ab vollendetem 64. Lebensjahr)
- Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
- Freibetrag für Land- und Forstwirte
3. Einkommen
- Gesamtbetrag der Einkünfte abzüglich Verlustabzug, Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen
- plus Einkünfte nach dem Außensteuergesetz
4. zu versteuerndes Einkommen
- Einkommen abzüglich Freibeträge für Kinder, Härteausgleich
Wie ist der individuelle Steuerbetrag zu berechnen?
Ist das zvE berechnet, ergibt sich die Höhe der Einkommensteuer aus dem Einkommenssteuertarif. Dieser besteht in Deutschland aus fünf Tarifzonen. Die Null-Zone umfasst den Grundfreibetrag. Für alle höheren Einkommen liegt er zwischen 14 (Eingangssteuersatz) und 42 bzw. 45 Prozent (Spitzensteuersatz).
Es gilt: Je höher das zu versteuernde Einkommen, desto höher ist die Einkommensteuer (progressiver Einkommenssteuertarif).
Der Grundfreibetrag (Tarifzone 1)
Der Grundfreibetrag (Tarifzone 1) legt fest, bis zu welchem Einkommen keine Einkommensteuer gezahlt werden muss. Dieser Betrag wird jährlich angepasst, um das steuerfreie Existenzminimum zu gewährleisten.
Nachfolgend eine Übersicht der Grundfreibeträge für Alleinstehende von 2015 bis 2026:
Jahr | Grundfreibetrag |
---|---|
2015 | 8.472 € |
2016 | 8.652 € |
2017 | 8.820 € |
2018 | 9.000 € |
2019 | 9.168 € |
2020 | 9.408 € |
2021 | 9.744 € |
2022 | 10.347 € |
2023 | 10.908 € |
2024 | 11.604 € |
2025* | 12.084 € |
2026* | 12.336 € |
*Die Werte für 2025 und 2026 basieren auf geplanten Anpassungen und können sich noch ändern.
Für gemeinsam veranlagte Ehepaare verdoppeln sich diese Beträge entsprechend. Die kontinuierliche Erhöhung des Grundfreibetrags dient dem Ausgleich der Inflation und der Sicherstellung des steuerfreien Existenzminimums.
Die Tarifzonen 2 bis 5 (Stand 2023)
- Tarifzone 2: Die Tarifzone 2 (1. Progressionszone) beginnt mit dem Eingangssteuersatz von 14 Prozent. Diese Zone der Einkommensteuer umfasst aktuell zu versteuernde Einkommen von 10.348 bis 15.833 Euro. Innerhalb der Tarifzone 2 steigt der Grenzsteuersatz für jeden weiteren Euro bis auf etwa 24 Prozent an.
- Tarifzone 3: In die Tarifzone 3 (2. Progressionszone) fallen zu versteuernde Einkommen von 15.834 bis 61.971 Euro. In dieser Zone der Einkommensteuer steigt der Grenzsteuersatz bis auf 42 Prozent an.
- Tarifzone 4: In der Tarifzone 4 wird jeder Euro mit dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent besteuert. Das zu versteuernde Einkommen (zvE) liegt hier zwischen 61.972 und 277.826 Euro.
- Tarifzone 5: In der Tarifzone 5, oft auch „Reichensteuer“ genannt, wird jeder Euro mit 45 Prozent besteuert. Sie beginnt ab einem zvE von 277.827 Euro.
Für die individuelle Einkommensteuer gibt es weiterhin die sogenannte Steuertabelle, die die Steuerlast in Abhängigkeit vom zvE in 1-Euro-Schritten angibt. Die Steuertabelle informiert zudem über den Solidaritätszuschlag und, falls zutreffend, die Kirchensteuer.
Einkommensteuer vs. Lohnsteuer: Was ist der Unterschied?
Die Lohnsteuer als Erhebungsform der Einkommensteuer betrifft die Arbeitnehmer. Sie wird vom Bruttolohn abgezogen und direkt vom Arbeitgeber an das zuständige Finanzamt abgeführt. Im Zuge der Einkommensteuererklärung wird festgestellt, ob zu viel oder zu wenig Lohnsteuer bezahlt worden. Die Bemessungsgrundlage dafür liefert das zu versteuernde Einkommen.
Die Höhe der Lohnsteuer richtet sich nach dem Lohn bzw. dem Gehalt des Arbeitnehmers und der Lohnsteuerklassen. Das Einkommensteuergesetz kennt sechs Lohnsteuerklassen. Welche Steuerklasse vom Steuerpflichtigen gewählt werden kann, hängt in erster Linie von seinem Familienstand ab.
Lohnsteuerklasse 1
- Unverheiratete / Unverpartnerte
- Verheiratete / Verpartnerte: Ein Ehegatte /Lebenspartner ist nur beschränkt steuerpflichtig.
- Verheiratete / Verpartnerte: dauernd getrennt lebend
- Verwitwete ab dem 2. Jahr nach dem Tod des Partners
Lohnsteuerklasse II
- Alleinerziehende mit Voraussetzungen für die Lohnsteuerklasse 1 und mit Anspruch auf den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
- Verwitwete mit mindestens einem Kind
Lohnsteuerklasse III
- Verheiratete / Verpartnerte leben nicht dauernd getrennt und haben nicht die Steuerklasse IV gewählt.
- Verwitwete im Sterbejahr des Partners sowie im Folgejahr. Die Partner dürfen nicht dauernd getrennt gelebt haben.
Die Lohnsteuerklasse III empfiehlt sich, wenn ein Partner kein eigenes oder nur ein geringes Einkommen hat.
Lohnsteuerklasse IV
- Die Lohnsteuerklasse IV ist die Alternative zur Steuerklasse III. Sie kann von Verheirateten oder Verpartnerten gewählt werden. Sie empfiehlt sich, wenn beide Partner annähernd gleich viel verdienen.
Lohnsteuerklasse V
- In die Steuerklasse V kommt zum Tragen, wenn ein Partner die Steuerklasse III gewählt hat. Der andere Partner, in der Regel der Geringerverdienende, wird in diesem Fall in die Steuerklasse V eingereiht.
Lohnsteuerklasse VI
- Diese Steuerklasse betrifft Arbeitnehmer, die mehr als ein Dienstverhältnis haben. Es kommt die höchste Steuerbelastung zum Tragen, da nur der Altersentlastungsbeitrag berücksichtigt wird.
Höhe der Lohnsteuer
Die Aussage, dass die Lohnsteuer wie die Einkommensteuer progressiv ist, bleibt gültig. Die Steuersätze in Deutschland liegen weiterhin zwischen 14 Prozent (Eingangssteuersatz) und 45 Prozent (Spitzensteuersatz, auch „Reichensteuer“ genannt). Die Grundfreibeträge haben sich jedoch geändert:
- 2023 beträgt der Grundfreibetrag für Alleinstehende 10.347 Euro und für Verheiratete / Verpartnerte 20.694 Euro.
Die Grundtabelle, oft als Lohnsteuertabelle bezeichnet, gibt wie beschrieben die Lohnsteuer entsprechend Steuerklasse und Einkommen an.
Körperschaftssteuer (KSt)
Der Steuersatz für die Körperschaftssteuer beträgt weiterhin 15 Prozent und bleibt unverändert. In Kombination mit dem Solidaritätszuschlag beträgt die Steuerlast effektiv 15,825 Prozent. Die Berechnung basiert auf dem Gewinn, der in der Steuerbilanz ausgewiesen ist und erfolgt weiterhin ähnlich wie bei der Einkommensteuer.
Welche Formulare sind notwendig?
Der Gesetzgeber sieht für die Ermittlung der Einkommensteuer verschiedene Formulare vor. Das Hauptformular ist der sogenannte Mantelbogen (ESt 1). Die weiteren Formulare werden als Anlagen bezeichnet, die je nach Steuerfall auszufüllen sind, beispielsweise für:
- außergewöhnliche Belastungen (Anlage Außergewöhnliche Belastungen)
- Sonderausgaben (in der Regel im Mantelbogen erfasst oder über spezifische Anlagen)
- Haushaltsnahe Aufwendungen und Handwerkerleistungen (Anlage Haushaltsnahe Aufwendungen)
- Sonstige Einkünfte und Aufwendungen (je nach Art der Einkünfte, z.B. Anlage S für selbstständige Einkünfte, Anlage V für Vermietung und Verpachtung)