Gründer, Einzelunternehmer und Unternehmen mit geringen Umsätzen können mit der Kleinunternehmerregelung von einem vereinfachten bürokratischen Aufwand bei der Umsatzsteuer und Buchführung profitieren. Welche Voraussetzungen, Besonderheiten, Vorteile und Nachteile die Ausnahmeregelung bietet, wird hier beleuchtet.
Was ist die Kleinunternehmerregelung?
Als Kleinunternehmerregelung wird eine steuerliche Ausnahmeregelung für Kleinunternehmen bezeichnet. Sie soll für Gründer und neue Unternehmer eine bürokratische Entlastung bieten und hat zwei Dinge zur Folge:
Punkt 1: Es wird keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt.
Punkt 2: Die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung an das Finanzamt entfällt.
Die Kleinunternehmerregelung richtet sich an Einzelunternehmer, Freiberufler, Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaften (UG) und Unternehmen mit anderen Rechtsformen, sofern sie bestimmte Voraussetzungen bezüglich ihres Jahresgesamtumsatzes erfüllen.
Konkret geht es um zwei Umsatzschwellen:
- Im Gründungsjahr beziehungsweise im vergangenen Kalenderjahr ist ein Gesamtumsatz von maximal 22.000 Euro zulässig. Dieser Schwellenbetrag gilt seit dem 1. Januar 2020, vorher waren es 17.500 Euro. Grundlage der Neuregelung ist das Bürokratieentlastungsgesetz III. Der neue Betrag gilt auch rückwirkend für 2019. Wer im Jahr 2019 zwischen 17.500 und 22.000 Euro Gesamtumsatz erwirtschaftet hat, darf die Ausnahmeregelung anwenden, vorausgesetzt im Jahr 2020 unterschreitet der Umsatz 50.000 Euro.
- Im aktuellen Kalenderjahr beziehungsweise in den Folgejahren darf der Gesamtumsatz 50.000 Euro pro Jahr nicht übersteigen. Bei beiden Maximalgesamtumsätzen handelt es sich um jährliche Bruttobeträge, die die Umsatzsteuer bereits enthalten. Die Umsatzsteuer muss also nicht gesondert aufgeschlagen werden.
Die Kleinunternehmerregelung ist in §19 UStG Absatz 1 geregelt. Dort heißt es:
„Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.“
Wann gilt die Kleinunternehmerregelung?
Die Kleinunternehmerregelung gilt nicht automatisch, wenn man nicht mehr als 22.000 Euro beziehungsweise 50.000 Euro Gesamtumsatz erwirtschaftet. Vielmehr muss sie durch Ankreuzen in Zeile 7.3 des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung beziehungsweise im Rahmen der Gewerbeanmeldung ausgewählt werden. Dort kann auch ein Verzicht auf die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung ausgewählt werden, obwohl die Umsatzgrenze von 22.000 Euro voraussichtlich nicht überschritten wird.
Dabei gilt zu beachten: Die Entscheidung zum Verzicht ist für fünf Jahre bindend. Wer verzichtet, verpflichtet sich in den ersten zwei Kalenderjahren zur monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung und Abführung der Steuer. Ab dem dritten Jahr reicht eine vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldung. Wird die Kleinunternehmerregelung ausgewählt, gilt keine zeitliche Bindung. Dann kann man jederzeit zur Regelbesteuerung wechseln (formloses Schreiben an das Finanzamt genügt).
Tipp: Heute bereits tätige Kleinunternehmer mit geringem Gesamtumsatz können die Kleinunternehmerregelung für das Folgejahr in Anspruch nehmen. Ein formloses Schreiben an das Finanzamt reicht dafür aus.
Besonderheiten der Regelung
Eine Besonderheit der Kleinunternehmerregelung in der Praxis ist, dass die Umsatzsteuer (auch Mehrwertsteuer genannt) nicht auf der Rechnung ausgewiesen werden muss. Ein Vermerk informiert den Rechnungsempfänger darüber. Dieser kann beispielsweise wie folgt lauten: „Gemäß § 19 UStG ist im ausgewiesenen Betrag keine Umsatzsteuer enthalten.“
Eine weitere Besonderheit mit mitunter größerer Bedeutung betrifft die Vorsteuer. Wird keine Umsatzsteuer abgeführt, kann sie auch nicht über die Vorsteuer zurückgeholt werden.
Weist ein Kleinunternehmer die Mehrwertsteuer in der Rechnung aus, muss diese Steuer an das Finanzamt abgeführt werden. Die Vorsteuer (aus eingegangenen Rechnungen) darf dann trotzdem nicht abgezogen werden.
Praxisbeispiel: So funktioniert die Kleinunternehmerregelung
Sehen wir uns die Kleinunternehmerregelung mal etwas genauer an einem Beispiel an:
Eine Schmuckdesignerin ist im September 2020 in die Selbstständigkeit gestartet. Anfangs schätzt die Designerin ihren durchschnittlichen monatlichen Gesamtumsatz auf 1.100 Euro. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr sind das 13.200 Euro – ganz klar unter der Umsatzschwelle von 22.000 Euro. Die Schmuckdesignerin kann die Kleinunternehmerregelung also in Anspruch nehmen.
Wichtig: Das Stichwort „Hochgerechnet“ ist hier von Bedeutung. Wäre die Schmuckdesignerin im Juli selbstständig geworden und hätte bis zum Jahresende 15.000 Euro Umsatz gemacht, wäre die Kleinunternehmerregelung nicht möglich gewesen, denn der hochgerechnete Jahresgesamtumsatz läge dann bei 30.000 Euro und somit über der Umsatzgrenze von 22.000 Euro.
Zurück zum Originalfall: Im zweiten Jahr der Selbstständigkeit steigt der Gesamtumsatz auf 20.000 Euro. Die Designerin kann weiterhin von der Ausnahmeregelung profitieren.
2022 ist für die selbstständige Unternehmerin ein Erfolgsjahr. Am Anfang des Jahres schätzt die Designerin, dass sie die 30.000 Euro-Marke knacken wird. Am Ende des Jahres hat sie es schwarz auf weiß: Der Gesamtumsatz kommt sogar auf 40.000 Euro. Weil der Betrag unter 50.000 Euro liegt, gilt die Kleinunternehmerregelung weiterhin.
Und selbst wenn der Gesamtumsatz im Jahr 2022 über 50.000 Euro läge, hätte die Kleinunternehmerregelung dennoch gegolten. Außer es wäre für die Designerin zu Jahresbeginn absehbar gewesen, dass ihr Gesamtumsatz die Schwelle von 50.000 Euro überschreiten wird. Dann wäre die Designerin bereits für das laufende Jahr umsatzsteuerpflichtig geworden.
Und was gilt in 2023? Dann muss die Schmuckdesignerin zur Regelbesteuerung wechseln, die Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt einreichen und die Umsatzsteuer auf jeder Rechnung ausweisen, denn sie hat im Vorjahr (2022) die Umsatzschwelle von 22.000 Euro klar überschritten.
Vorteile und Nachteile
Vorteile der Kleinunternehmerregelung
- Sogenannte einfache Buchführung möglich, sofern das Kleinunternehmen nicht im Handelsregister eingetragen ist, zur Kategorie der Kaufleute zählt und bestimmte Grenzen für Umsätze (600.000 Euro), Gewinne (aus Gewerbebetrieb oder aus Land- beziehungsweise Forstwirtschaft in Höhe von 60.000 Euro) und Wirtschaftswerte nicht überschreitet.
- Weniger bürokratischer Aufwand durch Wegfall der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt.
- Keine Angabe der Umsatzsteuer, bzw. Mehrwertsteuer auf der Rechnung und damit günstig wirkende Preise für Kunden (möglicher Wettbewerbsvorteil).
Nachteile der Kleinunternehmerregelung
- Beschränkung beim Erwirtschaften von Umsätzen, so mancher Gründer, Selbstständiger oder Unternehmer möchte lieber nicht mit „angezogener Handbremse“ fahren.
- Die Vorsteuer auf Ausgaben kann nicht geltend gemacht werden.
- Vermerk auf der Rechnung notwendig, welches Nachfragen oder ein schlechtes „Kleinunternehmer“-Image nach sich ziehen kann (je nach Branche).
Kleinunternehmerregelung beantragen: Ja oder nein?
Ob die Kleinunternehmerregelung zum eigenen Unternehmen passt, muss jede/r Unternehmer/in für sich selbst entscheiden. Wichtig sind dabei die folgenden Aspekte, an die gedacht werden sollte:
- Die Umsatzgrenzen können als Erfolgsbremse wirken.
- Wer hohe Investitionen tätigt oder viele Ausgaben für Wareneinkäufe hat, muss entsprechend viel Vorsteuer zahlen. Durch die Kleinunternehmerregelung lässt sich die Vorsteuer bei der Umsatzsteuervoranmeldung nicht geltend machen, weil die Umsatzsteuervoranmeldung entfällt. Es kann sich also lohnen, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten.
- Durch Wegfall der Umsatzsteuer wirken Preise günstiger. Für frisch gegründete Projekte oder kleine Unternehmen kann das ein entschiedener Wettbewerbsvorteil sein, wenn der Markt sehr umkämpft ist.
- Der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung ist für fünf Jahre bindend. Damit einher geht die Pflicht zur regelmäßigen Umsatzsteuervoranmeldung und Abführung der Steuer. Andersherum gibt es keine zeitliche Bindung, aus der Kleinunternehmerregelung lässt sich jederzeit zur Regelbesteuerung wechseln.
Fazit
Die Kleinunternehmerregelung ist nicht für jeden Geschäftsplan die beste Option. Weil sie sich nicht für jeden lohnt, ist die Ausnahmeregelung auch freiwillig und muss extra beantragt werden. Für viele Gründer, Freiberufler, Selbstständige und kleine Unternehmen ist die Regelung allerdings eine willkommene Entlastung in Sachen Bürokratie – vor allem zu Beginn der Tätigkeit.
Wer sich unschlüssig darüber ist, ob die Kleinunternehmerregelung eine sinnvolle Option wäre, sollte sich die zusätzliche Einschätzung eines Steuerberaters holen. Dieser kann die individuellen Vorteile und Nachteile gegeneinander abwägen.